Paris 2011

Paris 10.12.2011

Tolerantia-Award 2011 in Paris vergeben

Zum sechsten Mal wurden die europäischen Tolerantia-Preise vergeben. Preisträger und Stifter des Preises trafen sich am 10. Dezember im Rathaus des 10. Arrondissements von Paris. Jedes Jahr vergeben MANEO aus Deutschland, SOS-Homophobie aus Frankreich und Lambda Warszawa und KPH aus Polen den Gemeinschaftspreis an herausragende Persönlichkeiten und Projekte in ihren Ländern in Anerkennung beispielhafter Leistungen.

Seit 2006 wird der Tolerantia-Preis jährlich von einem Bündnis anerkannter schwuler und LGBT-Anti-Gewalt-Projekte in Europa vergeben, die sich gegen Homophobie und Hassgewalt und für Vielfalt und Toleranz in ihrem Land einsetzen. Grundlage dieser „Berlin Alliance Against Homophobia“ ist die gemeinsam unterzeichnete „Tolerancja-Erklärung“. Mit den Bündnis wird gleichzeitig europäische Solidarität und Unterstützung unter den Projekten bekundet.

Im Rahmen einer Feierstunde, an der etwa 100 Personen teilnahmen, ehrten die Organisationen in diesem Jahr Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Olivier Dussopt, PS (Parti Socialiste), und Franck Riester, UMP (L’Union pour un mouvement populaire), beide Mitglieder der französischen Nationalversammlung, und Adam Bodnar, LL.M., Ph.D., Leiter der Rechtsabteilung der Helsinki Foundation for Human Rights.

Deutschland

Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin

Für das Jahr 2011 hat eine Jury um MANEO als Preisträgerin aus Deutschland die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Lala Süßkind benannt. Die 64-jährige Mutter zweier erwachsener Kinder ist seit 2008 Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, zu der etwa 11.000 Mitglieder zählen. Sie ist Mitglied des Präsidiums des Zentralrates der Juden in Deutschland.

„Mit ihrem Engagement gegen Homophobie und Hassgewalt setzt sie beispielhaft immer wieder Zeichen in unserer Gesellschaft und in der Jüdischen Gemeinde. Homophobie und Hassgewalt ist ein gesamtgesellschaftliches wie auch ein weltumspannendes Problem. Wir sehen in Berlin, in Deutschland, in Europa, in Israel, in den arabischen Nachbarstaaten, in der ganzen Welt, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt und benachteiligt, ja eben auch immer wieder körperlich angegriffen werden. In manchen Staaten existiert noch immer die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Liebe. Mit ihrem jüngsten Einsatz für die „Regenbogenbrücke“ hat sich Lala Süßkind in herausragender Weise für die Gleichberechtigung von homosexuellen Menschen, für LGBT*-Menschen insgesamt, eingesetzt, damit ein öffentliches Zeichen gegen Homophobie und Hassgewalt – für Toleranz und Vielfalt in unserer Stadt und unserer Gesellschaft gesetzt. Für ihren langjährigen emanzipatorischen Einsatz, der stets auch mit dem Ziel verbunden ist, Homophobie und Hassgewalt auch grenzübergreifend zu überwinden, verleihen wir ihr den diesjährigen Tolerantia-Preis.

Frankreich

Franck Riester, UMP, Mitglied der franz. Nationalversamm-lung.

Olivier Dussopt, PS (Parti Socialiste), und Franck Riester, UMP (L’Union pour un mouvement populaire), beide Mitglieder der französischen Nationalversammlung.

SOS Homophobie hat dieses Jahr beschlossen, den Tolerantia-Preis an zwei Abgeordnete zu vergeben: Olivier Dussopt und Franck Riester, die sich beide im Juni für den Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eingesetzt haben.

Olivier Dussopt, PS, Mitglied der franz. Nationalversammlung.

Während viele Länder Fortschritte in Bezug auf gleiche Rechte für Heterosexuelle und LGBTs machen, hängt Frankreich etwas hinterher. Gleichgeschlechtliche Paare können weder heiraten noch Kinder zusammen haben. Aus diesem Grund hat sich SOS Homophobie entschlossen, besonders in Hinblick auf die französischen Präsidentschaftswahlen 2012, den Tolerantia-Preiss 2011 an zwei Abgeordnete zu vergeben: Olivier Dussopt und Franck Riester. Diese beiden Mitglieder des Parlaments, die jeweils dem rechten und linken Flügel angehören, haben sich im Juni 2011 im Rahmen der Debatte der französischen Nationalversammlung vehement dafür eingesetzt, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.

Durch die Verleihung des Preises an diese beiden Abgeordneten möchte SOS Homophobie alle französischen Politiker und Politikerinnen daran erinnern, dass der Kampf gegen Diskriminierung und für gleiche Rechte keine Frage der Parteizugehörigkeit sein sollte, sondern als nationale Sache von allen unterstützt werden sollte, losgelöst von Parteizugehörigkeiten.

Polen

Adam Bodnar, LL.M., Ph.D., Leiter der Rechtsabteilung der Helsinki Foundation for Human Rights

Adam Bodnar, LL.M., Ph.D., ist Juniorprofessor am Lehrstuhl für Menschenrechte der Universität Warschau und Vizepräsident des Vorstands und Leiter der Rechtsabteilung der Helsinki Foundation for Human Rights. Er ist auch Senior-Experte des FRANET Netzwerks der EU-Agentur für Grundrechte.

Seit 2005 ist er aktiv in Gerichtsverfahren involviert gewesen, die LGBT Themen beinhalteten, z.B. dem ersten „Hassrede“-Fall, dem Verbot der „Equality Pride“ in Warschau (das in ein Verfahren vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof mündete und Polen dafür verurteile) und der Weigerungshaltung polnischer Dienststellen, für Personen, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft außerhalb von Polen eingehen wollen, eine Ehefähigkeitsbescheinigung auszustellen. Derzeit unterstützt die Helsinki Foundation for Human Rights Fälle von Gebrauch von homophober Sprache und Ausdrücken seitens der Polizei bei polizeilichen Interventionen und die Rechte von Personen, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben. Bodnar ist Autor von wissenschaftlichen Publikationen über LGBT Rechte und nahm an diversen internationalen und nationalen Konferenzen zu diesem Thema teil. Seit 2007 unterrichtet er an der Universität Warschau einen speziellen Kurs zum Thema juristische, soziale und politische Aspekte des Schutzes von LGBT-Rechten in Polen.