Die europäischen Tolerantia Awards 2019 werden als Gemeinschaftspreis der Organisationen MANEO (Deutschland), SOS homophobie (Frankreich), Lambda-Warszawa (Polen), The Rainbow Project (Nordirland) und Pink Cross (Schweiz) vergeben, in diesem Jahr am 5. Oktober in Bern.
Geehrte werden in diesem Jahr aus den fünf Ländern: ‚Open for Business‘, ein internationales Netzwerk von Unternehmen (Deutschland), ‚Collective des Intersexes et Alliés (CIA)‘ (Frankreich), Bartosz Staszewski, LSBT+Aktivist und Filmemacher (Polen), Lyra McKee, Journalistin, (Nordirland), und Henry Hohmann, Mitbegründer des ‚Transgender Network Switzerland‘ (TGNS) (Schweiz).
Mit den seit 2006 jährlich vergebenen Toleranta Awards werden Personen, Einrichtungen und Gruppen für herausragendes Engagement geehrt. Ihr Engagement betont demokratische Prinzipien wie Gleichberechtigung, Solidarität, gesellschaftliche Vielfalt und Toleranz sowie Einsatz gegen Homophobie, Rassismus, gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im eigenen Land, in Europa und darüber hinaus.
Die auszeichnenden Organisationen gehören der ‚European Alliance Against Homophobia (Berlin Alliance)‘ an, die von den Organisationen aus Deutschland, Frankreich und Polen 2005 in Berlin gegründet worden war und der sich 2014 ‚The Rainbow Project‘ aus Nordirland und 2016 ‚Pink Cross‘ aus der Schweiz angeschlossen haben.
Jede Organisation wählt mit einer eigenen Jury einen Preisträgerin aus dem eigenen Land. Der MANEO-Jury 2019 gehörten folgende Personen an: Christa Arnet, ehem. Mitarbeiterin in der Berliner Senatskanzlei, Pieke Biermann, Schriftstellerin und Übersetzerin, Thorsten Manske, Vizepräsident von Hertha BSC, Martin Reichert, Autor und Journalist, Dr. Berndt Schmidt, Intendant des Friedrichstadt-Palastes, André Schmitz, Kulturstaatssekretär Berlin a.D., Lala Süßkind, ehem. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Seyran Ateş, Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin, Pascal Thilbaut, Journalist, Norbert Thormann, Unternehmer, und Bastian Finke, Leiter von MANEO, Vorsitzender der Jury.
Die aus den Partnerländern benannten Tolerantia Award-Preisträger von 2019 sind:
Deutschland
Akzeptierende Haltungen gegenüber LSBTI* wirken sich positiv auf ihre psychische Gesundheit und Entwicklung aus. Und psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und sozialer Teilhabe. Doch noch immer betrachten viele ein Outing am Arbeitsplatz als „Karrierefalle“ – also genau an jenem Ort, an dem wir einen Großteil unseres Lebens verbringen.
Um diese Situation zu verbessern und überhaupt mehr für LSBT-Inklusion gesellschaftlich zu erreichen, hat sich 2015, vor dem Hintergrund weltweit zunehmender Gegenreaktionen auf die erreichte Gleichberechtigung von LSBTI, die Initiative Open for Business mit Hilfe der „Clinton Global Initiative“ gegründet. Neben global agierenden Unternehmen waren daran auch namhafte LSBTI-Organisationen wie die US-amerikanische ‚Human Rights Campaign‘ beteiligt. Open for Business setzt sich ein für LSBTI-Rechte: International durch den Konsens der beteiligten Unternehmen, dass jede Politik gegen die Gleichberechtigung von LSBTI* immer auch den Interessen der Wirtschaft und die wirtschaftliche Entwicklung zuwider läuft. Regional durch die Aufklärungs- und Unterstützungsarbeit der Firmen vor Ort. „Open, inclusive and diverse societies are better for business and better for economic growth“. Sie wollen ihren weltweiten Einfluss dafür einsetzen, dass die Rechte der LSBTI-Communities nicht nur geachtet, sondern auch ausgebaut werden. Dazu organisieren sie weltweite Treffen und finanzieren Studien, die Aufklärung und Argumentshilfen bieten. Unternehmen können zu Schlüsselfiguren im Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung werden, etwa in Ländern, in denen LSBTI der Verfolgung ausgesetzt sind, wie beispielsweise jüngst, als der Sultan von Brunei die Todesstrafe für Homosexuelle wieder eingeführt hatte: Etliche internationale Unternehmen haben die Hotels, die dem Sultan gehören, von der Liste ihrer Dienstleister gestrichen. Und als der US-Bundesstaat North Carolina ein Gesetz beschloss, das Transgender-Menschen diskrimiert, entzogen zahlreiche internationale Unternehmen ihre Investitionen.
Open for Business unterstützt die Umsetzung der 2017 von der UN beschlossenen fünf „Standards of Conducts for Business“ gegen die Diskriminierung von LSBTI. Inzwischen haben mehr als 250 international agierende Firmen sie übernommen, in Deutschland u.a. die Deutsche Bank, DHL und die Deutsche Telekom. „Entscheidend ist, dass die Unternehmen einheitlich vorgehen und nicht am Ende nur in Ländern aktiv werden, in denen das Thema bequem, weil sozial akzeptiert ist. Menschenrechte sind universal und nicht teilbar“, wie Fabrice Houdart, der UN-Menschenrechtsbeauftragte, festhielt. Es geht also nicht nur um die Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, sondern auch um die Unterstützung von Emanzipationsbestrebungen im öffentlichen Diskurs – sogar im Hinblick auf Gesetzesänderungen. So können Unternehmen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von LSBTI spielen.
Seit ihrer Gründung hat die Initiative Open for Business mehrere bedeutende Studien veröffentlicht. So erschien 2018 ein Report über Großstädte und LSBTI, aus dem hervorging, dass „Städte, die LSBT+ aktiv einbeziehen, sich im globalen Wettbewerb besser entwickeln.“ Das schaffe „innovative Ökosysteme“, die eine verstärkte Konzentration auf Fähigkeiten und Talente sowie eine bessere Lebensqualität ermöglichten. LSBTI– inklusive Städte entwickelten sich eher zu global integrierten Drehkreuzen für hochkarätige Unternehmen.
2019 erschienen ein Report über Taiwan, der sich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und LSBTI– Inklusion einsetzte, und ein Report über Kenia und die Kosten der Diskriminierung von LSBTI für die Wirtschaft des Landes – es waren 1,3 Milliarden Dollar Verlust pro Jahr.
Ebenfalls 2019 folgte ein weiterer Report mit dem Titel „Channel of Influence“, in dem es vor allem um Punkt 5 des UN-„Standard of Conduct for Business“ geht: Was können Unternehmen zur öffentlichen Unterstützung tun? Er liefert insgesamt 27 konkrete Vorschläge und Impulse für Firmen, wie sie sich in den Ländern, in denen sie tätig sind, für Inklusion stark machen können. Er richtet sich jedoch auch an zivilgesellschaftliche Organisationen und an Mitarbeitende von Firmen – wenn sie alle sich einbringen, kann außer einer LSBTI*-freundlichen Unternehmenskultur ein insgesamt optimales, Talenten und Karrieren förderliches Klima entstehen. Auf den Vorwurf, ‚pink washing‘ zu betreiben, gab es eine klare Position: Unternehmen müssten Worten Taten folgen lassen und ihre Haltung stets mit glaubwürdigem Handeln belegen.
Um ihren Antidiskriminierungskampf zu verstärken, haben mehrere Open for Business-Unternehmen am 22.01.2019 in Davos die Initiative „Partnership for Global LGBTI Equality“ ins Leben gerufen, unterstützt von höchster Stelle: Sowohl das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte als auch das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum/WEF) saßen mit im Boot. Begründung: Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität ist nicht nur eine Verletzung der universalen Menschenrechte, sondern wirkt sich langfristig nachteilig auf die Leistungen von Individuen, Unternehmen und Gesellschaften aus. Bis 2020 möchte die Initiative fünfzig bis hundert weitere WEF-Mitglieder als Mitstreiter gewinnen.
Wir würdigen das Engagement von Open for Business, ein internationales Netzwerk, das sich den Kampf um Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung zum Ziel gesetzt hat, und zwar durch Aufklärung und Information, durch Dialog und Impulssetzung, durch Forschung und Reports zur globalen Lage der LSBTI. Open for Business steht weltweit für die Umsetzung der UN-„Standards of Conduct for Business“ gegen LSBTI-Diskriminierung, nicht nur in den Unternehmen der angeschlossenen Mitglieder, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, mit denen sie durch Wirtschaftsbeziehungen verflochten sind. Die Mitarbeiter an den Firmenstandorten sind aufgerufen, sowohl die eigene Haltung sichtbar zum Ausdruck zu bringen, als auch sich mit zivilgesellschaftlichen LSBTI* Organisationen zu vernetzen und auszutauschen.
Wir würdigen diesen Zusammenschluss und damit all die engagierten Menschen, die sich – auch mit aktiver Unterstützung aus Deutschland – persönlich einsetzen, um Open for Business zu einer einflussreichen Kraft zu machen. Wie zum Beispiel Karl von Rohr, der stellevertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, der im April 2019 mit einer Gruppe von Open vor Business-Mitgliedern im Vatikan für Gleichberechtigung von LSBT* eingetreten ist.
Die deutschen Tolerantia Awards gingen bisher an: Volker Beck, Mitglied des Deutschen Bundestages, Grüne, und Günter Dworek, Aktivist der Lesben und Schwulen Bewegung (2006); Die Gruppe “Menschenrechte und sexuelle Identität (MERSI)” von amnesty international (2007); Philipp Lahm, Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft, und Dr. Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) und Tanja Walther, Sportwissenschaftlerin, (2008); Hans-Wolfram Stein, Lehrer in Bremen (2009); Wieland Speck und Mabel Aschenneller, TEDDY-Produzenten (2010); Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin (2011); Elfi Scho-Antwerpes, Bürgermeisterin der Stadt Köln (2012); Maria Sabine Augstein, Rechtsanwältin (2013); Cornelius „Corny“ Littmann, Hamburger Entertainer, Unternehmer und ehemaliger Vereinspräsident des FC St. Pauli (2014); Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin a.D. (2015). Die drei evangelischen Landeskirchen Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz [EKBO], die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau [EKHN] und die Evangelische Kirche im Rheinland EKiR, Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz (2017), Johannes Kram, Autor, Textdichter, Blogger und Marketingstratege (2018).
Ansprechperson: Bastian Finke, Leiter von MANEO;
Mail: bastian.finke@maneo.de oder maneo@maneo.de / home: www.maneo.de
Frankreich
Collective des Intersexes et Alliés (CIA)
Den diesjährigen Tolerantia Award möchte SOS homophobie dem “Collective des Intersexes et Alliés (CIA)” (ein Kollektiv von intergeschlechtlicher Menschen und Alliierte), für ihr außerordentliches Engagement im Kampf für die Rechte von intergeschlechtlicher Personen verleihen.
Das Kollektiv ist die einzige Organisation in Frankreich, die von und für intergeschlechtliche Menschen geführt wird. Sie wurde am 8. November 2016, dem internationalen “Inter*sex Solidarity Day”, gegründet. Das Kollektiv fordert die Abschaffung ungewollter Genitalverstümmelung, der Sterilisation und hormoneller Behandlung von intergeschechtlichen Personen, sowie der Pathologisierung von Intersexualität. Sie fordert auch ein Recht auf Selbstbestimmung und die Abschaffung des Geschlechtseintrags im Personenregister.
Das Kollektiv CIA ist eine sehr dynamische Organisation, die ihre Aktionen stetig vermehrt, damit die Forderungen von intergeschechtlichen Personen vermehrt erhört und ihre Sichtbarkeit gestärkt werden. Im September 2018 organisierten sie eine Kampagne “Du wirst die Wahl haben”: Stoppt Genitalverstümmelung”. Im April dieses Jahr haben sie eine Facebook Gruppe erstellt mit lehrreicher Information über Intersexualität und die Variationen der Geschlechtsentwicklung. Im Juni lancierten sie das Kollektiv “Les Délaissé-e-s des Fiertés“ ( die Vergessenen der Pride) und organisierten einen inoffiziellen Demonstrationszug an der Spitze des Paris Pride mit einer Parole zur Abschaffung von Genitalverstümmelung an Intersex- Kindern! Ihre Petition “ Stoppt die Verstümmelung von Intersex-Kindern” an die Gesundheitsministerin, Agnès Buzyn, und an die Justizministerin, Nicole Belloubet, adressiert, erhielt bis Ende Juli über 62’000 Unterschriften.
Und trotz all diesen Bemühungen bleiben ihre Forderungen nicht erhört: Intergeschechtlichen Personen werden in der parlamentarischen Debatte über das neue Bioethik-Gesetz im September wieder einmal die “Vergessenen” sein.
Mit der Verleihung dieses Awards an das Kollektiv CIA möchte SOS homophobie ihnen seine Solidarität bekunden, in der Hoffnung, dass dadurch ihre Forderungen und ihre Stimmen nicht nur in Frankreich sondern auch in Europa erhört werden.
Die französischen Tolerantia Awards gingen bisher an: Dr. Louis-George Tin, LSBT*- und Antirassismus-Aktivist (2006), die Theaterproduktion „Place des mythos“ (2007), Bruno Solo, Schauspieler und Fernsehproduzent (2008), Paris Foot Gay, der schwule Fußball-Club in Paris (2009), Caroline Mécary, Anwältin und Bürgerrechtlerin (2010), Olivier Dussopt und Franck Riester, Abgeordneten der französischen Nationalversammlung (2011), Véronique Eledut, Lehrerin und Aktivistin (2012), Le Petit Journal, das von Yann Barthès moderierte Fernsehmagazin (2013), „www.projet17mai.com“, das Projektteam der Webseite, das Cartoons gegen Homophobie in Frankreich zeigt (2014), Irène Théry, Soziologin und Mitglied des ‘Haut Conseil de la Famille’ (2015), Amnesty International France (2016), Stéphane Corbin, Sänger und Komponist, und Océane Rosemarie, Sängerin, Komikerin, Schauspielerin und Regisseurin (2017), Christiane Taubira, franfösische Justizministerin a.D. (2018).
Ansprechpersonen: Jérémy Falédam, Präsident SOS homophobie
Mail: sos@sos-homophobie.org / home: www.sos-homophobie.org
Polen
Bartosz Staszewski
Lambda Warszawa verleiht seinen Tolerantia Award 2019 in Anerkennung seiner Verdienste an Bartosz Staszewski.
Staszewski, 1990 in Malmö geboren, ist Regisseur von Dokumentarfilmen und setzt sich als Aktivist für LSBTQ+-Rechte in Polen ein. Mit dem Tolerantia Award würdigen wir seine Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit.
Er engagiert sich schon seit langer Zeit für die LSBTQ+-Rechte in Polen. So war er 2018 einer der Hauptorganisatoren des ersten ‚Equality March’ in Lublin, dessen Durchführung die zuständige Kommunalverwaltung letztes Jahr verhindert hatte. Ein solches Vorgehen ereignete sich letztmalig 2005, als die damalige Stadtverwaltung von Warschau die ‚Equality Parade’ verboten hatte. Um ein erneutes Verbot in Lublin zu verhindern, erwirkte er erfolgreich eine gerichtliche Aufhebung der kommunalen Entscheidung – und führte die Parade erfolgreich durch.
Einige Jahre zuvor veröffentlichte er den Film ‚Paragraph 18‘ und begann damit eine Diskussion über die rechtmäßige Legalisierung der Gleichgeschlechtlichen Ehe in Polen. Er setzte sich mit dem weit verbreiteten Mythos auseinander, dass es unmöglich sei, den Paragraph 18 aus der Polnischen Verfassung zu streichen, indem er die legalen Möglichkeiten im Gesetzgebungsverfahren aufzeigte. Sein Film wurde in Polen weitverbreitet — und sehr laut —diskutiert.
Mit Unterstützung einer Gruppe von Anwälten erstritt er im August 2019 eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung eines Stickers mit dem Slogan „LSBT*-freie Zone“-Sticker durch eine rechtsgerichtete polnische Zeitung.
Er hat außerdem mehrere Gerichtsverfahren gegen Personen des öffentlichen Lebens in Gang gebracht, die LSBTQ+ in Polen beleidigt hatten. Er zeigte damit beispielhaft auf, dass der Kampf um die Würde unserer Community mit Hilfe durch Anwendung der Gesetze geführt werden muss, die uns mit Rechten ausstatten, wenn uns Hass trifft. Er hat außerdem einen Rechtsstreit gegen Joachim Brudziński, dem ehemaligen polnischen Innenminister, begonnen, der angedeutet hat, dass der Adler aus der polnischen Nationalflagge auf einem regenbogenfarbenen Hintergrund eine Herabwürdigung des polnischen Nationalsymbols darstellen würde.
Die polnischen Tolerantia Awards gingen bisher an: Kazimierz Kutz, Filmregisseur und Politiker (2006), Piotr Pacewicz, Journalist und Publizist (2007), Marzanna Pogorzelska, Lehrerin und Autorin (2008), Prof. Zbigniew Hołda, Richter und Bürgerrechtler, und Izabela Jaruga-Nowacka, Politikerin und Frauenrechtlerin (2010), Adam Bodnar, Jurist und Menschenrechtsaktivist, und Katarzyna Bojarska, Psychologin und Aktivistin (2012), Ewa Siedlecka, Journalistin (2013), Monika Płatek, Kriminologin und Feministin(2014); Ewa Wanat, Radio-Journalistin und Persönlichkeit im Fernsehen (2015), Ilona Łepkowska, Drehbuchautorin und Mitglied der polnischen Fernsehakademie und Präsidentin der Fernsehgesellschaft ‘Serial’ (2016), Elżbieta Szczęsna, Mitbegründerin des Vereins „Akceptacja“ (Akzeptanz), Vereinigung von Familien und Freunden von LSBT* (2017), die polnische LSBT+ Community (2018).
Ansprechpersonen:
Lambda Warszawa (Lambda Warsaw):
Krzysztof Kliszczyński, Mail: kkliszczynski@lambdawarszawa.org;
Nordirland
Lyra McKee
Während sie innerhalb der LGBT Community bereits bekannt war, gelangte sie zu größerer öffentlicher Aufmerksamkeit durch ihren Blog “Brief an mein 14jähriges Selbst”. Darin berichtete sie auf schonungslos ehrliche, berührende und humorvolle Weise darüber, was es bedeutete, in Nordirland als homosexueller Mensch aufzuwachsen. Sie beschrieb die Veränderungen, die sich einstellen, wenn wir aufhören, uns selbst für das zu hassen, was uns anders macht, und wir uns stattdessen ausrichten auf die wunderbaren Erfahrungen, die möglich sind, wenn wir jeden Teil von uns lieben.
Auch wenn ihre Bekanntheit als Journalistin wuchs, blieb Lyra weiterhin ein bekanntes Gesicht auf Veranstaltungen der Community. Sie machte sich stark für Kampagnen zur LGBT-Gleichstellung und war engagierte Unterstützerin von The Rainbow Projekt. Lyra nahm sogar aktiv an dem großen Spendensammlung-Tanz-Event des Rainbow Projekts “Strictly Come Dancing” teil, für das sie zuvor viele Monate lang mit ihrem Tanzpartner Greg ihre Tanzschritte übte.
Leidenschaftlich interessierte sich Lyra für die nicht erzählten Geschichten und die vergessenen Opfer aus der Zeit der Unruhen in Nordirland. Ihr erstes veröffentlichtes Buch, “Angels with Blue Faces”, untersucht den Mord an Robert Bradford, Belfaster Parlamentsabgeordneter, durch die Provisional IRA 1981. Ihr zweites Buch, zur Veröffentlichung 2020 vorgesehen, trägt den Titel “The Lost Boys”; es befasst sich mit dem Verschwinden zweier Jugendlicher aus der Falls Road im Westen von Belfast im Jahr 1974.
Lyra war acht Jahre alt, als das Good Friday Agreement 1998 unterzeichnet wurde. Als “Kind des Waffenstillstands” war die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ein wichtiges Leitthema ihrer Arbeit. Zugleich war ihr bewusst, dass ein Ende der Gewalt nicht sofort und automatisch Frieden bedeutete, ganz besonders in den Belfaster Stadtteilen der Arbeiterklasse. Sie schrieb über Suizide und psychische Gesundheitsprobleme junger Menschen aus dem Belfaster Norden, aus dem sie selbst stammte. Sie setzte sich mit Leidenschaft ein für Begegnungen und Beziehungen über die Grenzen der verschiedenen und getrennten Bevölkerungsgruppen Nordirlands hinweg.
Lyra verliebte sich in Sara Canning, Krankenschwester aus Derry, Nordirlands zweitgrößter Stadt. Sie zog von Belfast nach Derry, damit sie sich dort ein gemeinsames Leben aufbauen konnten. In Derrys Stadtteil Creggan wurde Lyra am 18. April 2019 ermordet. Nur wenige Wochen zuvor hatte sie ihren 29. Geburtstag gefeiert.
In Creggan war es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, nachdem die Polizei in der Gegend nach illegalen Waffen gesucht hatte. Steine und Benzinbomben wurden auf die Polizei geworfen. Lyra war zur Beobachtung mit anderen Journalisten vor Ort, hinter der Polizeiabsperrung. Dort wurde sie durch einen maskierten Schützen getroffen, der mehrere Runden Munition auf die Polizei abfeuerte. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie an ihren Verletzungen starb.
Der Mord an Lyra rief eine Welle von Mitgefühl und Zorn hervor, in Nordirland und in der ganzen Welt. Es bewegte Viele, dass ein junger Mensch mit so viel Potential so brutal ermordet werden konnte durch Menschen, die ohne Rückhalt in der Gesellschaft sind und den Menschen in Nordirland nichts Positves zu bieten haben. Es gab gemeinsame Verurteilungen der Tat über die Parteigrenzen Nordirlands hinweg.
Lyra war ein Mensch voller Liebe, und sie wurde geliebt. Sie setzte sich leidenschaftlich für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung ein und gab den an den Rand Gedrängten und Vergessenen eine Stimme. Sie wird für immer in Erinnerung bleiben: als eine der wichtigsten Journalistinnen Nordirlands und als furchtlose Kämpferin der nordirischen LGBT Community.
Die noririschen Tolerantia Awards gingen bisher an: Máirtín Ó Muilleoir, Mitglied der Nordirland-Versammlung (Parlament), SF, Bürgermeister der Stadt Belfast a.D. (2015), Marry Mc Aleese, Präsidentin der Republik Irland 1997-2011 (2016), Chris Hudson, Pfarrer der All Souls Non-Subscribing Presbyterian Church in Süd-Belfast (2017), Bronagh Waugh, irische Schauspielerin (2018).
Kontaktperson: John O’Doherty, Director
Mail: director@rainbow-project.org / home: www.rainbow-project.org
Schweiz
Henry Hohmann
Wer an einer der ersten Transtagungen teilgenommen hat, an der Fachtagung zu Menschenrechten für trans Menschen war oder dank trans welcome einen Job bekommen hat: Überall war Henry involviert, um von Texten bis Projekte alles zu „vertransen“ – also trans-inklusiv zu machen und dafür zu sorgen, dass das Mitdenken von Trans selbstverständlich ist.
Der Superhelden-CV geht weiter: Denn schon kurz nach der Gründung des TGNS gründete und organisierte er den Berner Transstammtisch. Er ist aktiv oder Mitglied bei – Achtung, Luft holen – HAB, Pink Cross, Network, Dachverband Regenbogenfamilien, QueerAmnesty, Filmfestival Queersicht, Schwubs – schwule Berner Sänger sowie Terre des Femmes. Nein, ich bin noch nicht fertig! Die LGBT+ Helpline hat er ebenfalls mit aufgezogen, bei den Swiss Diversity Awards sass er in der Jury und im «Blickpunkt Trans» auf dem Berner Radiosender RaBe berichtet er regelmässig von politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Trans-Comnunity in der Schweiz und in aller Welt – einer Community, die er so wesentlich mitprägt.
Seit 2018 hat sich Henry aus der Vorstandsarbeit zurückgezogen. Natürlich heisst das bei ihm nicht, dass er aufhört! Nein, er macht hinter der Bühne weiter: In den Bereichen Politik und Advocacy kämpft er für diejenigen, die bis vor wenigen Jahren noch kaum eine Lobby hatten. Seine besondere Gabe ist es, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen, miteinander zu vernetzen und daraus etwas Neues entstehen zu lassen.
Aber um Henry gernzuhaben, braucht es keinen Superhelden-CV. Es braucht keine lange Liste an Engagements, um Henrys Gesellschaft zu schätzen. Als heiterer, verständnisvoller, empathischer und humorvoller Zeitgenosse wird er von der ganzen Community respektiert, und für viele von uns – bei Weitem nicht nur für trans Aktivist*innen! – ist er in seiner unermüdlichen Arbeit, seiner respektvollen, konsequenten und herzlichen Art ein Vorbild.
Es ist nie leicht, einem Superhelden zu danken – also danken wir dir als Mitmensch, als Aktivist, als Freund und als Zeitgenosse. Deine Arbeit für die Community ist unermesslich. Unsere Wertschätzung ebenfalls. Danke, Henry.
Die schweizer Tolerantia Awards gingen bisher an: Florian Vock und Jazzmin Dian Moore, LSBT-Activisten (2016), Alan David Sangines, Mitglied vom Gemeinderat der Stadt Zürich und ehem. Vizepräsident des ‚Zurich Pride Festival‘ (2017), Kathrin Bertschy, Nationalrätin der Grünliberalen Partei der Schweiz (2018).
Ansprechperson: Roman Heggli, Secretary-General
MANEO-Newsletter #32