Berlin 2009

Berlin, 04.05.2009

MANEO-Award und Tolerantia-Award 2009 in Berlin

Am vergangenen Donnerstag wurden in Berlin die europäischen Tolerantia-Preise 2009 nach Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien vergeben. Zudem verlieh MANEO erstmals seinen Deutschland-Preis: Der MANEO-Award 2009 ging an Türkiyemspor Berlin e.V. 1978 und an den Berliner Polizeipräsidenten Dieter Glietsch.

Zu den Gratulanten zählten der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit, der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Claudia Roth.

 

Die Preisträger der Tolerantia-Preise und MANEO-Awards 2009 gemeinsam mit Künstlern und Mitarbeitern, im Berliner „Berghain“ am 30.04.2009. Foto © B. Mannhöfer.

Ausgezeichnet: Engagement gegen Homophobie und Hassgewalt

Am vergangenen Donnerstag, den 30. April 2009, war MANEO, Berlins schwules Anti-Gewalt-Projekt, Gastgeber der diesjährigen Verleihungsfeier des europäischen Tolerantia-Preises.

Mit dem Tolerantia-Preis ehrt die „Berlin Alliance Against Homophobia“, eine deutsch-französisch-polnisch-spanischen Initiativgruppe, herausragendes Engagement im Kampf gegen Homophobie und Hassgewalt in Europa. Die jährliche Preisverleihung findet abwechselnd in einer der vier Hauptstädte statt; nach Warschau im Vorjahr nun wieder in Berlin. Dem Bündnis schwuler und schwullesbischer Anti-Gewalt-Projekte in Europa, die miteinander kooperieren und sich gegenseitig unterstützen, gehören neben MANEO (Deutschland), SOS-Homophobie (Frankreich), Lambda-Warschau und KPH (Polen) seit 2008 auch COGAM (Spanien) an; Grundlage ist die gemeinsam unterzeichnete „Toleranjca-Erklärung“. Als Ausdruck dieses Bündnisses und in Anerkennung von beispielhaften Leistungen wird der Gemeinschaftspreis, eine Skulptur mit vier Segeln, seit 2006 an herausragende Persönlichkeiten und Projekte aus den Mitgliedsländern vergeben.

Unter den 300 geladenen Gästen waren zahlreiche Repräsentanten aus Paris, Warschau und Madrid, die anlässlich der Preisvergabe eigens nach Berlin gereist waren, darunter Krzysztof Kliszczynski, Vorsitzender von Lambda-Warschau und Bart Palik von der KPH aus Polen, die zusätzlich von Adam Bodnar von der „Helsinki-Foundation for Human Rights“ begleitet wurden, sowie Jacques Lizé, Vorsitzender von SOS-Homophobie in Paris, und der Vorsitzender Miguel-Angel Fernandez von COGAM aus Madrid, der neben weiteren Mitarbeitern auch vom Maderider Stadtratsabgeordneten Pedro González Zerolo (PS) begleitet worden war. Mit großem Aufgebot war schließlich auch der Fußballverein Türkiyemspor Berlin e.V. vertreten, der mit Vorstandsmitgliedern, Cheftrainern und einem ganzen Fußballteam eingetroffen waren.

MANEO-Awards 2009: 1. Männermannschaft der Nordregionalliga von Türkiyemspor Berlin e.V. 1978 mit Vorstand Dr. Susam Dündar-Isik (Mitte) Foto © B. Mannhöfer.
MANEO-Awards 2009: 1. Männermannschaft der Nordregionalliga von Türkiyemspor Berlin e.V. 1978 mit Vorstand Dr. Susam Dündar-Isik (Mitte) Foto © B. Mannhöfer.

Neben zahlreichen Vertretern der Berliner Communities fehlte es auch nicht an politischer Aufmerksamkeit. Björn Böhning, Mitglied des SPD-Parteivorstandes, überbrachte Grüße des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, der leider nicht persönlich an den Feierlichkeiten teilnehmen konnte: „Ich grüße die internationalen Gäste, die zum MANEO Benefiz-Event nach Berlin gekommen sind, um hier mit dabei zu sein, wenn herausragendes Engagement gegen Homophobie und Hassgewalt heute Abend hier im Berghain mit dem MANEO-Award und dem Tolerantia-Preis ausgezeichnet wird.“

Ebenso gratulierte die Bundesvorsitzende der Bündnis-Grünen im Bundestag Claudia Roth den Preisträgern: „Aus der Ferne und dennoch von ganzem Herzen gratuliere ich den diesjährigen Preisträgern der MANEO-Awards und der Tolerantia-Preise. Sie alle engagieren sich in ihrem direkten Lebensumfeld – ob an ihrem Arbeitsplatz, im Fußballverein, in ihren Organisationen oder Parteien – gegen Homophobie und Gewalt, setzen Zeichen und handeln vorbildlich für uns alle.“ Unter den Gratulanten war auch SPD-Chef Franz Müntefering: „Die Freiheit und die unterschiedlichen Fähigkeiten eines Jeden bereichern unsere Gesellschaft. Deshalb braucht es im demokratischen Zusammenleben immer Toleranz und Respekt füreinander – ob in der Politik, der Familie oder im Sport, beim Fußball sowieso“, so Müntefering. „Um so wichtiger ist es, dass Menschen einander auf gleicher Augenhöhe begegnen.“ Müntefering gratulierte seinem Verein Türkiyemspor Berlin e.V. 1978 auf das Herzlichste zum MANEO-Award.

MANEO-Awards: Üwe Löher (r.) und Maria Tischbier (2.v.r.) nehmen den MANEO-Deutschlandpreis für Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch entgegen. Foto @ B. Mannhöfer.
MANEO-Awards: Üwe Löher (r.) und Maria Tischbier (2.v.r.) nehmen den MANEO-Deutschlandpreis für Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch entgegen. Foto @ B. Mannhöfer.

Die Auszeichnung des MANEO-Awards für Türkiyemspor nahm Frau Dr. Susam Dündar-Isik, Mitglied des Vorstandes, entgegen: „Man muss es immer wieder laut sagen: Schwule, Lesben, Bisexuelle sind Teil unserer Gesellschaft, das kann niemand ernsthaft leugnen. Für uns ist jeder einzelne Mensch ein Wunder der Natur. Diese Vielfalt der Menschen – und damit jeder einzelne – muss darum vor Diskriminierung geschützt werden.“ Weiter erklärte sie in ihrer Dankesrede: „Die heutige Verleihung des „MANEO Deutschland-Preises ‚Engagement setzt Zeichen’“ ist auf der einen Seite eine Anerkennung für die geleistete Arbeit. Der Preis ist auf der anderen Seite ein Ansporn, die Diskussionen und das Engagement weiterzuführen.“ Türkiyemspor engagiert sich seit Jahren gegen Gewalt und für Akzeptanz von Minderheiten, so explizit auch für Homosexuelle. In ihrem Fußballverein, so erklärte kürzlich der Vorstand, sind Lesben und Schwule ganz selbstverständlich willkommen. Seit Jahren kooperiert der Verein mit den schwullesbischen Respect Gaymes.

Tolerantia-Preise 2009: Aus Warschau Katarzyna Holda, Toch-ter von Professor Holder, und Adam Bodnar, Helsinki Stiftung für Menschenrechte in Polen, im Bild gemeinsam mit Vertretern von Lambda-Warschau und KPH in Polen. Foto © B.Mannhöfer.
Tolerantia-Preise 2009: Aus Warschau Katarzyna Holda, Toch-ter von Professor Holder, und Adam Bodnar, Helsinki Stiftung für Menschenrechte in Polen, im Bild gemeinsam mit Vertretern von Lambda-Warschau und KPH in Polen. Foto © B.Mannhöfer.

Da der Polizeipräsident Dieter Glietsch aufgrund der vorabendlichen Feierlichkeiten zum 1. Mai in Berlin verhindert war, nahmen der Ansprechpartner und die Ansprechpartnerin der Berliner Polizei für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Uwe Löher und Maria Tischbier, den MANEO-Award stellvertretend entgegen: „Der Polizeipräsident bedankt sich für den Preis, auch wenn er seinen Beitrag, der hier gewürdigt wird, als selbstverständlich betrachtet.“ Der Polizeipräsident hatte im Juni 2008 erstmals die Regenbogenflagge vor dem Polizeipräsidium gehisst und dafür zahlreiche homophobe Äußerungen einiger seiner Mitarbeiter zur Kenntnis nehmen müssen. Dieses Problem machte er anschließend zur Chefsache und suchte das Persönliche Gespräch mit den betreffenden Polizeibeamten. „Es gibt ohne Zweifel noch viel zu tun in unserer Gesellschaft, um Lesben und Schwulen ein diskriminierungs- und gewaltfreies Leben zu garantieren“, so Glietsch in seiner Danksagung.

Ein weiterer Höhepunkt bildete anschließend die Vergabe der diesjährigen Tolerantia-Preise. Ausgezeichnet wurde unter anderem Professor Zbigniew Holda. Lambda-Warschau-Vorsitzen-der Krzysztof Kliszczynski würdigte noch einmal dessen herausragendes Engagement in Polen. Da Professor Holda aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen konnte, nahm den Preis seine Tochter Katarzyna Holda entgegen. „Es berührt mich sehr, dass ich den diesjährigen europäischen Tolerantia-Preis erhalte. Ich möchte mich auf diesem Wege für diese hohe Auszeichnung herzlich bedanken,“ hatte er durch seine schriftliche Danksagung wissen lassen. „Mein Vater nimmt diesen Preis nicht nur persönlich sondern auch im Namen aller Mitstreiter der Helsinki Stiftung für Menschenrechte entgegen, die dazu beigetragen haben, dass wir universelle Rechte, eben auch Menschenrechte für Schwule und Lesben in Polen verteidigt haben“.

Tolerantia-Preis 2009. Aus Paris angereist: Jacques Lizé, Vorsitzender von SOS-Homophobie Frankreich (Mitte), mit Régis Dugué und Pascal Brethes von „Paris Foot Gay“ (r.) und MANEO-Projektleiter Bastian Finke (r.). Foto: © B. Mannhöfer.
Tolerantia-Preis 2009. Aus Paris angereist: Jacques Lizé, Vorsitzender von SOS-Homophobie Frankreich (Mitte), mit Régis Dugué und Pascal Brethes von „Paris Foot Gay“ (r.) und MANEO-Projektleiter Bastian Finke (r.). Foto: © B. Mannhöfer.

Jacques Lize, Vorsitzender von SOS-Homophobie Frankreich, überreichte den Tolerantia-Preis an die Vorstandsmitglieder des Sportvereins „Paris Foot Gay“, Régis Dugué und Pascal Brethes. Er würdigte ihre bisherige Arbeit und die besondere Vorbildfunktion im französischen Sport. In diesem Sinne unterstrichen beide Vertreter des Sportvereins noch einmal, dass sich ihr Engagement nicht nur auf den Fußball beschränkt, sondern dass sie mit vielen weiteren Sportdisziplinen, die sie anbieten, die Einstellungen gegenüber Homosexuellen und Homosexualität im Breitensport grundsätzlich verändern wollen. Denn: Noch immer findet hier viel Ausgrenzung statt. Vorhandene Potentiale unter schwulen und lesbischen Sportlern würden nicht unterstützt. Der Preis an den ehemaligen französischen Nationalspieler Vikash Dhorasoo, der Schirmherr von Paris Foot Gay ist, wird zu einem späteren Zeitpunkt in Frankreich übergeben.

MANEO-Awards 2009. Hans-Wolfram Stein (2.v.l.) mit Ehefrau (2.v.r.), begleitet von zwei Schülerinnen des Bremer Schulzentrums Walliser Straße. Foto © B. Mannhöfer.
MANEO-Awards 2009. Hans-Wolfram Stein (2.v.l.) mit Ehefrau (2.v.r.), begleitet von zwei Schülerinnen des Bremer Schulzentrums Walliser Straße. Foto © B. Mannhöfer.

Der Tolerantia-Preis in Deutschland ging an den engagierten Bremer Lehrer und Demokratiepädagogen Hans-Wolfram Stein, der von drei Schülerinnen des Bremer Schulzentrums Walliser Straße nach Berlin begleitet worden war. MANEO-Projektleiter Bastian Finke betonte, dass er deshalb mit dem Preis geehrt wird, weil Hans-Wolfram Stein nicht nur mit Schülern diskutiert, sondern die gesamte Schule in einen Prozess hineingeführt hat, der letztendlich dazu beigetragen hat, dass sich Einstellungen gegenüber Homosexuellen und Homosexualität an seiner Schule geändert haben. Hans-Wolfram Stein bedankte sich für den europäischen Preis, den er nicht nur als Preis für sich, sondern als Preis für alle seine Schüler annehmen möchte, die sich gemeinsam mit ihm engagiert haben.

Tolerantia-Preise 2009. Aus Madrid angereist: Madrids Stadtratsabgeordneter Pedro González Zerolo (2.v.l.) und COGAM-Vorstandsmitglieder Juan Fernando López Aguilar (r.) und Raúl García, (l.), im Bild gemeinsam mit Klaus Böhning, Mitglied des SPD-Parteivorstandes (2.v.r.), der Grüße von Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit überbrachte. Foto © B. Mannhöfer.
Tolerantia-Preise 2009. Aus Madrid angereist: Madrids Stadtratsabgeordneter Pedro González Zerolo (2.v.l.) und COGAM-Vorstandsmitglieder Juan Fernando López Aguilar (r.) und Raúl García, (l.), im Bild gemeinsam mit Klaus Böhning, Mitglied des SPD-Parteivorstandes (2.v.r.), der Grüße von Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit überbrachte. Foto © B. Mannhöfer.

Miguel-Angel Fernandez von COGAM überreichte anschließend den Tolerantia-Preis an den spanischen Professor Juan Fernando López Aguilar, der aus terminlichen Gründen verhindert war. An seiner statt nahm den Preis Pedro González Zerolo, Madrider Stadtratsmitglied, entgegen. Gewürdigt wurde Professor Juan Fernando López Aguilar für ein Lebenswerk. „Mit Hilfe seines Einsatzes war es gelungen, das spanische Bürgerliche Gesetzbuch so zu ändern, dass nunmehr Ehen in Spanien nicht mehr zwischen Frau und Mann, sondern zwischen erwachsenen Menschen geschlossen werden, egal ob zwischen Frauen, Männern, Frau und Mann, Transsexuellen, Transgender“. Pedro González Zerolo betonte ins einer Dankesrede, dass diese Leistung vor dem Hintergrund einer sozialistischen Regierung erbracht wurde. Er sieht mit großer Freude, dass sich gerade auch unter der Führung eines sozialdemokratischen Bürgermeisters in Berlin in der letzten Zeit so viel auch für Lesben und Schwule in dieser Stadt getan habe. Es sei für ihn eine große Ehre, den Tolerantia-Preis für seinen Freund Professor Juan Fernando López Aguilar entgegenzu-nehmen und ihn nach Madrid zu bringen.

MANEO-Awards 2009: Viel Beifall für die Kinder des Mossestifts, die ihren selbstgeschriebenen Song präsentierten: „Homo oder Hetero – das ist doch nicht wichtig“. Foto © B. Mannhöfer.
MANEO-Awards 2009: Viel Beifall für die Kinder des Mossestifts, die ihren selbstgeschriebenen Song präsentierten: „Homo oder Hetero – das ist doch nicht wichtig“. Foto © B. Mannhöfer.

Die Preisverleihungsfeier wurde von einem exklusiven musikalischen Rahmenprogramm begleitet, von dem alle Gäste begeistert waren. Teenager im Alter zwischen 10 und 14 Jahren vom Mossestift präsentierten einen selbstverfassten Song mit dem Titel „Homo oder Hetero – ist das denn wichtig“; der 17-jährige Flo, der kürzlich vom Wettbewerb „Rap’n Respect“ von „Schule ohne Rassismus“ ausgezeichnet worden war, rappte gegen Ausgrenzung und Gewalt; das „Staatsministerium für Tuntensicherheit in ganz Europa UND in Ostdeutschland“ sang den „Tuntenrapp“ und wartete mit einem gänzlich neuen Stil – dem Transistor-Rapp – auf, und Nico Hartung hatte mit seinem Song „Kiss Kiss Berlin“ das Motto der Benefiz-Reihe von MANEO aufgegriffen und daraus ein eigenen Song verfasst.

Die Preisverleihungsveranstaltung wurde observiert und musikalisch begleitet von der TunSi, dem „Staatsministerium für Tuntensicherheit in ganz Europa UND in Ostdeutschland“. Foto © B. Mannhöfer.
Die Preisverleihungsveranstaltung wurde observiert und musikalisch begleitet von der TunSi, dem „Staatsministerium für Tuntensicherheit in ganz Europa UND in Ostdeutschland“. Foto © B. Mannhöfer.

MANEO-Projektleiter Bastian Finke, der durch den Abend führte, bedankte sich für die großartige Unterstützung, die MANEO in diesem Jahr von vielen Partyveranstaltern in Berlin für seine Benefizreihe erhalten hatte. Mit zahlreichen Veranstaltungen, die alle unter dem Motto „Kiss Kiss Berlin – Powered by People for Tolerance“ gestanden hatten, waren insgesamt rund € 1.500,- für die Anti-Gewalt-Arbeit von MANEO gesammelt worden. Darüber hinaus haben viele Unterstützer und Partner dazu beigetragen, dass die Preisveranstaltung kurzfristig ins Berghain verlegt und hier stattfinden konnte. Er bedankte sich namentlich bei allen und würdigte deren großartiges Engagement.

Finke: „Vier Wochen nach dem offiziellen Ende der MANEO-Toleranz-kampagne war dies noch mal ein großartiger Schlussakkord, der gezeigt hat: MANEO macht mobil, und das nachhaltig! Die breite Resonanz allein in den ersten Monaten dieses noch recht jungen Jahres lässt uns optimistisch in die Zukunft blicken. Schon jetzt werden wir gefragt: Tolle Sache, kann ich 2010 mitmachen? Ich sage nur: Aber sicher, auch nächstes Jahr wird es wieder heißen: Kiss Kiss Berlin!“

Deutschland

Hans-Wolfram Stein, Lehrer für Wirtschaft und Politik am Schulzentrum Walliser Straße in Bremen, hat mit großem Engagement Homophobie und Hassgewalt an seiner Schule problematisiert. Sein beispielhafter Einsatz hat dazu beigetragen, die Haltung und Einstellung gegenüber Homosexuellen sowohl bei den Schülern als auch bei den Lehrern positiv zu verändern. Das gemeinsam mit den Schülern der Klasse 2HH 07/5 initiierte Forschungsprojekt, das Hans-Wolfram Stein an seiner Schule über den Zeitraum von fast einem Jahr durchführte, ist ein herausragender Meilenstein in der schulischen Aufklärungs- und Präventionsarbeit in Deutschland.

Ergebnis seiner vorbildlichen Projektarbeit ist: „In vielen, wenn nicht in allen Bereichen konnten homophobe Einstellungen abgebaut werden. Im Bereich der demokratischen Rechte stieg der Anteil, der für Gleichberechtigung eintritt, stark an. Vor allem aber tritt jetzt jeder Schüler und jede Schülerin in der Klasse für folgende Aussage ein: ‚Diskriminierung von Homosexuellen sollte von allen bekämpft werden.’“ Die Arbeitsergebnisse dienen jetzt als Vorlage auch für andere Schulen, die sich mit dem Thema Homophobie auseinandersetzen wollen.

Es ist vor allem dem Engagement und der Beharrlichkeit von Hans-Wolfram Stein zu verdanken, dass dieses Projekt realisiert werden konnte. Mit diesem Preis soll auch das Engagement der Schülerinnen und Schüler gewürdigt werden, die das Projekt gemeinsam mit Hans-Wolfram Stein realisiert haben.

Frankreich

Paris Foot Gay wurde 2003 als erster französischer Fußballclub gegründet, der ausdrücklich für heterosexuelle und schwule Fußballspieler gleichermaßen offen ist und sich selbstbewusst gegen Diskriminierung und Homophobie stellt. Der Verein will diskriminierende Einstellungen ändern und deutlich machen, dass eben auch ein schwuler Mann das Recht hat, Fußball zu spielen ohne sich verstecken zu müssen. Damit soll das Recht zum Anderssein unterstrichen und Vorurteile bekämpft werden. Paris Foot Gay will die Emanzipation von Schwulen stärken und damit das Coming-out von schwulen Sportlern befördern, sodass diese Gruppe in der Sportwelt ihren gleichberechtigten Platz findet – ein rundherum unterstützenswertes Ziel, ist doch Homophobie im Sport noch immer stark verbreitet.

Mit der Bekämpfung von Homophobie im Fußball sendet Paris Foot Gay außerdem ein starkes Signal an die gesamte Gesellschaft, hat doch Sport insgesamt eine breite Öffentlichkeit. Vor allem Jugendliche, die für Vorurteile besonders empfänglich sind, können so erreicht werden. Mit dem Tolerantia-Preis möchten wir dieser Nicht-Regierungsorganisation für ihren Mut danken, sich diesem so wichtigen Thema zu widmen.

Vikash Dhorasoo, am 10. Oktober 1973 in Harfleur (Seine-Maritime) geboren, ist ein französischer Fußballspieler, der eine internationale Karriere zurückgelegt hat. In den Spielsaisons 1997 bis 1998 und 2003 bis 2004 war er der beste Spieler der französischen Nationalliga. Von 2002 bis 2003 spielte Dhorasoo in Lyon und sein Team führte in diesen zwei Saisons die französische Nationalliga an. 2006 gehörte er der französischen Nationalmannschaft an, die an der Fußball-WM in Deutschland teilnahm. Im letzten Jahr hat er seine Karriere beendet.

Dhorasoo, verheiratet und Vater zweier Töchter, ist Schirmherr des Paris Foot Gay, einem Fußballclub, der gegründet wurde, um Homophobie in den Stadien zu bekämpfen. Er ist der einzige französische Nationalspieler, der sich zu diesem Thema bisher öffentlich geäußert hat.

Die Tatsache, dass ein farbiger heterosexueller Mann Paris Foot Gay unterstützt, zeugt von einem großen Respekt für die Menschenrechte und insbesondere für die Gleichberechtigung der LGBT-Gemeinden.

Polen

Prof. Zbigniew Holda ist Jurist, Strafrechtler, Experte für Menschenrechte, Professor an der Jagiellonen-Universität in Krakau und Vorstandsmitglied der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg repräsentierte er die Stiftung für Gleichberechtigung („Fundacja Rowności”) sowie die Mitglieder der polnischen LGTB-Organisationen, die gegen das Verbot der Gleichberechtigungsparade („Parada Rowności”) in Warschau 2005 klagten. Der Rechtsstreit endete mit einem Präzedenzurteil, welches Gesetze, mit denen friedliche Demonstrationen unmöglich gemacht werden sollten, für illegal erklärte.

2006 vertrat er vor dem Amtsgericht in Posen vier lesbische Frauen , die sich entschlossen hatten, gegen Stadtratsmitglieder der polnischer Rechtspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) vor Gericht zu gehen. 2005 hatten die PiS-Mitglieder Homosexualität mit Zoophilie, Nekrophilie und Pädophilie verglichen. Die Präzedenzsache endete mit einem Vergleich. Die Funktionäre der PiS-Partei mussten sich bei den Betroffenen entschuldigen und offiziell erklären, dass sie keine Absicht hatten, irgendjemanden zu beleidigen.

Professor Zbigniew Holda setzte sich kontinuierlich für Menschenrechte – auch für sexuelle Minderheiten – ein. Der Tolerantia-Preis ist Ausdruck der Anerkennung für sein gesamtes Wirkens und seines Lebenswerkes.

Spanien

Juan Fernando López Aguilar, am 10. Juni 1961 in Las Palmas (Gran Canaria) geboren, studierte Jura an der Universität Granada sowie Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Complutense von Madrid. 1988 erwarb er den Master of Arts in Law & Diplomacy an der Fletcher School of Law & Diplomacy in Massachussetts. Der Professor für Verfassungsrecht an der Universität von Las Palmas de Gran Canaria wurde bereits mit dem Jean Monnet Preis über Recht und Europäische Integration ausgezeichnet.

1983 trat López Aguilar der sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens, PSOE, bei. Zwischen 1990 und 1993 war er parlamentarischer Berater der Justizminister. Von 1993 bis 1996 war Aguilar Leiter des Ministerbüros bei Minister Jerónimo Saavedra in den Ministerien für Öffentliche Verwaltung und Bildung. Seit 1996 ist López Aguilar Abgeordneter im spanischen Parlament. Schon 1999 war er Spitzenkandidat der PSOE zur Präsidentschaft der Regierung der Kanarischen Inseln. Seit Juli 2000 war er Sekretär für Öffentliche Freiheiten und die Entwicklung der Autonomen Regionen im Vorstand der PSOE.

Während dieser Zeit und dank seiner aktiven Federführung legte die Spanische Regierung dem Parlament einen Gesetzesvorschlag zur Regelung der standesamtlichen Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren vor, welches am 28. Juli 2005 verabschiedet wurde. Seinen aktiven Einsatz für die Gleichberechtigung würdigt die spanische LGBT-Bewegung mit großer Anerkennung.