Paris, 14.11.2014
Tolerantia Award 2014 in Paris vergeben
Die Tolerantia-Awards wer-den jährlich als Gemeinschaftspreis von MANEO (Deutschland), SOS Homo-phobie (Frankreich) und Lambda-Warszawa und Kampania Przeciw Homo-fobii (Polen) vergeben. Grundlage des Bündnisses bildet die gemeinsam unterzeichneten “Tolerancja- Erklärung”. Preisträgerinnen und Preisträger des diesjährigen europäischen Tolerantia-Awards sind: Frau Professor Monika Płatek, Professorin für Kriminologie an der Universität Warschau (Polen), das französische Projekt “projet17mai.com”, eine gemeinschaftliche Webseite, die sich mit Cartoons gegen Homophobie richtet (Frankreich), und Hamburger Entertainer, Unternehmer und ehemaliger Vereinspräsident des FC St. Pauli (Deutschland).
Während die offizielle Preiszeremonie am 14.11.2014 in Paris stattfand, wurde der deutsche Tolerantia-Award bereits am 20.10.2014 in Berlin anlässlich des MANEO Charity Dinner im Beisein des noch-Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, und des designierten neuen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller überreicht. Eine elfköpfige Jury um MANEO hatte den diesjährigen Preisträger für Deutschland gewählt. Der Preis wurde im Beisein der Jurymitlieder Lala Süsskind, Präsidiumsmitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland, taz-Journalist Martin Reichert, Christa Arnet und Moritz Konradi.
Poland
Frau Professorin Monika Płatek.
Mit großer Freude geben wir bekannt, dass Frau Professorin Monika Płatek den Polnischen Tolerantia Preis (Nagroda Tolerancji) 2014 erhält.
Seit 2008 ist Monika Płatek Professorin für Kriminologie am Institut für Strafrecht des Fachbereichs für Rechts- und Verwaltungswissenschaften an der Universität Warschau. Zuvor hatte sie unter anderem in Norwegen, Dänemark, Litauen sowie den USA geforscht. Sie engagiert sich heute im akademischen sowie im politischen Raum zu einer Vielfalt von Themen: Strafrecht, Menschenrechte, Frauenrechte, LSBTQ-Rechte, Kriminologie und Sanktionsforschung, Sozialpsychologie, Gender Studies, Mediation in Strafsachen sowie Rechtssoziologie. 1994 gründete sie einen Verein, der sich für die Verbesserung der Rechtsbildung in Polen einsetzt. Zudem ist sie Mitglied des Programmkomittees der Stiftung „Fundacja Panoptykon“, die sich kritisch mit der Überwachung des öffentlichen Raums auseinander setzt. Von 2002 bis 2006 war sie als Generalbevollmächtigte des Ombudsmannes für die Rechte von Kriminalitätsopfern tätig. Sie erstellt Rechtgutachten für verschiedene Parlamentskommissionen, das Open Society Institut sowie den Europarat.
2012 erhielt Monika Płatek für Ihre Verdienste um die demokratische Transformation Polens das Ritterkreuz des Ordens Polonia Restituta, eine der höchsten Auszeichnungen des polnischen Staates, aus den Händen des Präsidenten Bronisław Komorowski. In Zeitungskommentaren und Konferenzbeiträgen bezieht sie immer wieder Stellung zu Menschenrechts-, Gleichberechtigungs- und LSBTQ-Themen.
Mit dem Tolerantia-Preis 2014 ehren wir Monika Płateks fü ihr mutiges und unabhängiges Eintreten für die Rechte von LSBTQ-Personen. Ihre fundierten und einsichtigen Kommentare finden breites Gehör, besonders auch den sozialen Medien, wo sie von vielen geteilt und diskutiert werden. Ehren wollen wir auch ihren immer respektvollen Umgang mit denen, die ihre Meinung nicht teilen.
Deutschland
Cornelius “Corny” Littmann
1980 sorgte Corny Littmann für einen aufsehenerregenden Eklat: Er zerschlug einen Spiegel in einer öffentlichen Toilette unter dem Spielbudenplatz in St. Pauli. Das war nicht irgendein Spiegel: Dahinter hatte die Hamburger Polizei eine Überwachungskamera installiert, zur Kontrolle der ‚Klappe‘. Corny Littmann machte mit dieser Aktion schlagartig öffentlich, dass Homosexuelle in der Bundesrepublik noch immer diskriminiert, verfolgt und staatlich erfasst wurden.
In den Jahren 1990–1993 wurde Corny Littmann bundesweit bekannt durch seine legendäre „Schmidt Mitternachtsshow“, in der auch Ernie Reinhardt (Lilo Wanders) und Jutta Wübbe (Marlene Jaschke) auftraten. Die Mitternachtsshow lief regelmäßig in mehreren dritten Programmen der ARD und provozierte teils heftige Reaktionen, weil in ihr zum Beispiel ein Plakat der Deutschen AIDS-Hilfe gezeigt wurde, auf dem zwei Männer beim Oralverkehr zu sehen waren.
Von 2003 bis 2010 war Corny Littmann Präsident des Fußballvereins FC St. Pauli. In dieser Funktion hat er immer wieder offen über Homosexualität und Fußball gesprochen und die mangelnde Unterstützung für homosexuelle Fußballerinnen und Fußballer durch Gesellschaft, Fans, Vereine und Mitspieler angeprangert. Das Engagement von Corny Littmann und dem FC St.Pauli für Toleranz und Öffnung gegenüber Homosexuellen und Homosexualität ist so beispiellos wie beispielhaft.
Für seinen langjährigen Einsatz für gesellschaftliche Toleranz und Vielfalt, der stets auch mit dem Ziel verbunden ist, Homophobie, Trans*phobie und Hassgewalt grenzübergreifend zu überwinden, sowie für sein Engagement, diese demokratischen Prinzipien zu verteidigen, ehren wir ihn mit dem Tolerantia-Award 2014.“
France
The „www.projet17mai.com“
Das Projekt 17. Mai (www.projet17mai.com) ist eine kollektiv erstellte Website, auf der Comics gegen Homophobie in Frankreich veröffentlicht werden. Alles begann im Jahr 2012, als zwei Blogger („Silver“ und „Pocheb“) sich zusammentaten und ihre Webcomics, die sie zum Internationalenn Tag gegen Homophobie gezeichnet hatten, sammelten und veröffentlichten. Viele andere Zeichnerinnen und Zeichner schlossen sich ihnen an, bis heute haben mehr als 100 von ihnen auf der Website veröffentlicht. Inzwischen gibt es eine von Jérémy Patinier herausgegebene Print-Version der Comics, und die Zeichnungen waren in zahlreichen Ausstellungen in ganz Frankreich zu sehen.
Die Zeichnungen und Comics stehen für eine sinnliche, humorvolle Auseinandersetzung mit Homophobie und erreichen ein junges Publikum. Das Projekt vereint vielfältige Sichtweisen auf die ganze Breite von Diskriminierungen gegen LSBT*-Personen. Es macht seine Inhalte für alle online zugänglich, und das nun schon seit Jahren.
Wir ehren das Projekt 17. Mai für den Mut und die Entschlossenheit von allen Beteiligten. Mit ihren Zeichnungen und bebilderten Erzählungen berichten die Autoren von Situationen, die jeden von uns betreffen könnten. Das ist die richtige Antwort auf die Verbreitung von Homophobie, die Frankreich in den vergangenen 2 Jahren erlebt hat.