Berlin, Paris, Warszawa, Belfast, 08.03.2024:
Verleihung der Tolerantia Awards 2022 und 2023 für herausragendes Engagement.
Die Tolerantia Awards 2022 und 2023 werden am 08.03.2024, um 18 Uhr, in der Mendelssohn-Remise in Berlin-Mitte verliehen. Die Preisträger*innen sind für 2022: Seyran Ateş, Menschenrechtsaktivistin (Deutschland), Jérémy Clamy Edroux, Rugby-Spieler (Frankreich), Tomasz Baczkowski, LSBTIQ+ Aktivist (Polen), und Cara McCann, Leiterin einer Organisation für LSBTIQ+ Frauen (Nordirland). Die Preisträger*innen für 2023: Dr. Bertold Höcker, Pfarrer und LSBTIQ+ Aktivist (Deutschland), Sarah Brethes, Mathieu Magnaudeix und David Perrotin, Journalist*innen (Frankreich), Robert Biedroń, EU-Parlamentarier (Polen) und Annette Whelan, Aktivistin für Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz (Nordirland).
Die europäischen Tolerantia Awards werden seit 2006 als deutsch-französisch-polnisch-nordirischer Gemeinschaftspreis von einem Bündnis national wirkender und anerkannter LSBTIQ+ -Anti-Ge[1]walt-Projekte und Partner in Europa vergeben. Die Bündnismitglieder setzen sich engagiert gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Hassgewalt gegenüber LSBTIQ+ in ihrem Land, in Europa und darüber hinaus ein; sie kooperieren miteinander und unterstützen sich gegenseitig. Das Bündnis wurde 2005 in Berlin gegründet, weshalb es auch als die ‚Berlin Alliance‘ bezeichnet wird. Zu den Mit[1]gliedern zählen: MANEO (Deutschland), SOS-Homophobie (Frankreich), The Rainbow Project (Nordirland) und der 2023 mit polnischen Persönlichkeiten gegründete ‚Circle of Friends‘, der das bisherige Mitglied Lambda Warszawa abgelöst hat. Als Ausdruck dieses Bündnisses und in Anerkennung von beispielhaften Leistungen werden die Tolerantia Awards als europäischer Gemeinschaftspreis an herausragende Persönlichkeiten und Projekte in Deutschland, Frankreich, Polen und Nordirland vergeben. Nominiert werden die Preisträger*innen von unabhängigen Jurys in den jeweiligen Ländern
Die Tolerantia-Awards
1. Das Bündnis
Die Tolerantia-Awards werden seit 2006 jährlich von einem Bündnis schwuler, schwul-lesbischer und LSBT*-Anti-Gewalt-Projekten in Europa vergeben, die sich gegen Homophobie und Hassgewalt in ihrem jeweiligen Land und in Europa engagieren. Das Bündnis trägt den Name „Berliner Bündnis gegen Homophobie und Trans*phobie“ (Berlin Alliance against Homophobia and Trans*phobia“. Die Tolerantia-Awards sind Symbol und Ausdruck dieses Bündnisses zwischen den Organisationen.
2. Die „Tolerancja-Erklärung“
Die Tolerantia-Awards gehen auf die Unterzeichnung der ersten gemeinsamen „Tolerancja-Erklärung“ zurück, die 2005 gemeinsam von Vorstandsvertretern und Vorstandsvertreterinnen bzw. Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen der Organisationen MANEO aus Deutschland, SOS-Homophobie aus Frankreich und Kampania Przeciw Homofobii (KPH) aus Polen in Berlin unterzeichnet wurde. Dieser Erklärung schloss sich 2006 Lambda-Warschau als Kooperationspartner von KPH an.
Hintergrund dieses Engagements war die Einsicht, dass der Kampf gegen Homophobie, Trans*phobie und Hassgewalt nicht nur im eigenen Land geführt, sondern in einem zusammenwachsenden Europa als europäische Herausforderung angenommen werden muss. Erforderlich sind ebenso gemeinsame und gegenseitig unterstützende Maßnahmen. Weil 2005 und 2006 die zuständige Stadtverwaltung von Warschau einen öffentlichen CSD-Umzug verboten hatten, war dies Anlass, europaweit Unterstützung für die LSBT* Communities in Warschau zu mobilisieren. Um der Verbundenheit mit unseren polnischen Schwestern und Brüdern Ausdruck zu verleihen, wurde für die unterzeichnete Erklärung bewusst die polnische Schreibweise gewählt, die seither die „Tolerancja-Erklärung“ heißt. In dieser Anlehnung wurde dann auch der Name für den Preis mit dem lateinischen Begriff „Tolerantia“ verbunden. Denn der Betriff „Toleranz“ ist eng verbunden mit der Zeit der europäischen Aufklärung, bildet eine der Grundlagen für Humanität, Demokratie, Selbstbestimmung und Weltoffenheit in unseren europäischen Kulturen. Mit dem Tolerantia-Award wird damit bewusst auch ein europäisches Zeichen gesetzt.
Grundlage für die Auszeichnung bildet die „Tolerancja-Erklärung“, die von allen Organisationen unterzeichnet wurde. Darüber hinaus laute die Idee:
Wir betrachten Vielfalt als Bereicherung, aus der heraus Ideen und Potentiale für unsere Gesellschaft erwachsen, mit denen wir uns eine gemeinsame Zukunft und eine freie, friedliche, gerechte und demokratische Gesellschaft gestalten und schaffen können. Vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte sowie der damit einhergehenden Verantwortung, treten wir für Menschenrechte und Toleranz in unserer demokratischen Gesellschaft ein. Indem wir regelmäßig dafür einstehen, arbeiten wir an einer gemeinsamen Zukunft in Europa und der Welt.
Wir leben Toleranz und treten ein gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt. Wir wollen unsere Kräfte zur Gestaltung und Entwicklung einer toleranten und vielfältigen Gesellschaft einen, in dem Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wohnen, arbeiten und leben können – dies im Geiste der Europäischen Menschenrechtskonvention und der gegenseitigen Anerkennung und Achtung unter Menschen unterschiedlichen Geschlechts, Alters, unterschiedlicher Kultur, ethnischer Herkunft, Heimat, Glauben, religiöser oder politischer Anschauung, Behinderung sowie sexueller Orientierung erklärt. Eine solche Vision wird getragen von sichtbaren Akteuren des gesellschaftlichen Lebens, die für Toleranz eintreten und diese auch nach außen tragen und sichtbar machen.
Wir einen unsere Kräfte zum Aufbau einer Bürgergesellschaft in Europa, in der wir gemeinsam und frei von Diskriminierung leben können. Wir bekunden gegenseitigen Beistand, um dieses Ziel zu erreichen. Wir solidarisieren uns mit Menschen, die für Bürgerrechte, Gleichberechtigung, Schutz von Minderheiten und für die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Europa eintreten.
Nach diesen Kriterien werden die Preisträger benannt.
3. Jährliche Preisvergabe
Gemeinsam ist man sich einig, dass die vertretenen Organisationen, die als Anti-Gewalt-Projekte Übergriffe gegen LSBT* registrieren und/oder Opfern dieser Übergriffe beraten und unterstützen, an der Basis stehen und deshalb einen besonders guten Überblick haben, wer sich im eigenen Land gegen Homophobie, Trans*phobie und Hassgewalt in herausragender Weise engagiert und für einen Tolerantia-Award würdig ist.
Die Vorstandsvertretern und Vorstandsvertreterinnen bzw. Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen der Organisationen
- MANEO aus Deutschland,
- SOS-Homophobie aus Frankreich und
- Lambda-Warschau und Kampania Przeciw Homofobii (KPH) aus Polen
haben im Rahmen einer gemeinsamen Konferenz in Berlin 2006 beschlossen, dass die Tolerantia-Awards ein Mal jährlich gemeinsam in einer ihrer Hauptstädte an jeweils eine Person oder Gruppe aus dem jeweiligen Land vergeben werden. Einen vergleichbaren europäischen Preis hatte es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben.
Alle stimmen überein, dass der Preis reihum in einer der Hauptstädte der mitwirkenden Länder vergeben wird.
4. Nominierung
Die Nominierung des Preisträgers bzw. der Preisträgerin im eigenen Land erfolgt durch die entsprechende nationale Organisation: für Deutschland ist es MANEO, für Frankreich ist es SOS-Homophobie und für Polen ist es Lambda-Warschau und KPH. Jede Organisation legt die Modalitäten für die Nominierung und Wahl ihres Preisträgers bzw. ihrer Preisträgerin selbst fest. Diese sind transparent.
Die Organisatoren sind sich einig, den Internationalen Tag gegen Homophobie (17. Mai) zu bewerben und zum Anlass zu nehmen, Preisträger bis zu diesem Zeitpunkt zu benennen. Die Preisverleihung soll zu einem geeigneten Zeitpunkt gegen Ende des Jahres stattfinden, der frühzeitig von der einladenden Organisation allen anderen mitgeteilt wird.
5. Der Preis
Die Tolerantia-Awards bestehen aus einer Urkunde und einer Skulptur.
Diese werden bis auf weiteres von MANEO in Berlin hergestellt und zur Preisverleihung mitgebracht.
Die Würdigungstexte für die Urkunden werden von den Partnerorganisationen für die Erstellung der Urkunden rechtzeitig zur Verfügung gestellt.
6. Gemeinsame Treffen
Die Organisatoren der Tolerantia-Awards waren sind sich einig, dass mindestens einmal im Jahr eine gemeinsame Arbeitsbesprechung auf Geschäftsführer- und/oder Vorstandsebene stattfinden sollte, um die Zusammenarbeit und das Bündnis zu stärken. Hierzu bieten sich eine kleine Konferenz oder Tagung anlässlich der gemeinsamen Preisverleihungszeremonie an.
7. Koordination der Preisverleihung und des Bündnisses
Weil keine der Organisationen über ausreichend Ressourcen und Geldmittel verfügt, stimmen alle überein, dass die Koordination des Tolerantia-Award von MANEO in Berlin übernommen, die Ausrichtung der Preisvergabe jedoch von der jeweiligen Organisation, in deren Land die Preisvergabe stattfindet, übernommen wird.
Die teilnehmenden Organisationen bemühen sich, dass ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten und die Preisträgerinnen und Preisträger zu der gemeinsamen Preisverleihungszeremonie anreisen können. Sie übernehmen ihre eigenen Flug-/Bahn- und Hotel-/Hostelkosten, d.h. für sich und ihre Preisträger. Findet die Preisverleihung beispielsweise auf Einladung von MANEO in Berlin statt, so finanziert SOS-Homophobie bzw. Lambda-Warschau und KPH die Anreise und Unterbringung ihrer Repräsentantinnen und Repräsentanten und Preisträgerinnen und Preisträger in Berlin. Die Preisverleihungszeremonie würde von MANEO organisiert und finanziert werden. Um Kosten gering zu halten, können auch offizielle Anlässe, z.B. gemeinsame Konferenzen oder Jubiläen, genutzt werden, um die Preisverleihungszeremonie zu veranstalten.
Sollte eine teilnehmende Organisation aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sein, die Reise- und Unterbringungskosten für ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten und Preisträgerinnen und Preisträger zum Ort der Preisvergabe zu tragen, sucht diese nach einer würdigen Alternative im eigenen Land, dies im Anschluss an die offizielle, gemeinsame Preisverleihungszeremonie.
Das geschaffene Bündnis um den Tolerantia-Award lebt vom Engagement jeder teilnehmenden Organisation. Es hängt maßgeblich davon ab, wie gut die Vorstände bzw. Geschäftsführer der teilnehmenden Organisationen untereinander kommunizieren und sich austauschen und wie viel Aufmerksamkeit diesem bislang einzigartigem europäischen Bündnis gewidmet wird, in Anbetracht dessen, dass nur wenig Ressourcen und Finanzmittel zur Verfügung stehen und sich das Bündnis maßgeblich auf ehrenamtliches Engagement gründet.
8. Erweiterung des Bündnisses
Alle stimmten überein, dass sich weitere Organisationen aus weiteren europäischen Ländern dem Bündnis anschließen können, und dass die Tolerantia-Awards auch in ihren Ländern vergeben werden können. Voraussetzung für einen Beitritt ist jedoch, dass die Organisationen vergleichbare Anti-Gewalt-Arbeit leisten und unmittelbar in der Opferhilfe engagiert sind, und dass die leitenden Vertreterinnen und Vertreter der im Bündnis vertretenden Organisationen dem Beitritt zustimmen und diese Vereinbarung mittragen.
9. Die im Bündnis derzeit vertretenen Organisationen
Folgende Länder sind derzeit im Bündnis vertreten und beteiligen sich regelmäßig und gemeinsam an der Tolerantia-Award Preisverleihung:
Deutschland:
- MANEO
Polen
- Lambda Warszawa
- KPH – Kampania przeciw Homofobii (Campaign against Homophobia)
Frankreich
- SOS-Homophobie
Zwischen 2009 und 2010 war vorübergehend auch die spanische Organisation COGAM dem Bündnis beigetreten. Aufgrund fehlender Ressourcen musste sich COGAM aus der Organisation wieder zurück ziehen.
Nordirland
- The Rainbow-Project