Warschau 2013

Tolerantia Award 2013 in Warschau vergeben

Vergabe der Tolerantia-Awards am 14.09.2013 in Warschau (v.l.n.r.): Dorota Bregin (Vorsitzende von Lambda Warszawa), Sofia Jablonska (Mitglied des Vorstandes – KPH), Agata Chaber (Vorsitzende von KPH), Ewa Siedlecka (Journalistin), Bastian Finke (Leiter von MANEO) und Elisabeth Ronzier (Präsidentin von SOS Homophobie). Foto © MANEO.
Vergabe der Tolerantia-Awards am 14.09.2013 in Warschau (v.l.n.r.): Dorota Bregin (Vorsitzende von Lambda Warszawa), Sofia Jablonska (Mitglied des Vorstandes – KPH), Agata Chaber (Vorsitzende von KPH), Ewa Siedlecka (Journalistin), Bastian Finke (Leiter von MANEO) und Elisabeth Ronzier (Präsidentin von SOS Homophobie). Foto © MANEO.

Am 14. September wurden die diesjährigen Tolerantia-Awards in Warschau verliehen. Mit den europäischen Preisen werden Menschen und Organisationen in Deutschland, Frankreich und Polen für ihr herausragendes Engagement gegen Homophobie und Hassgewalt sowie für gesellschaftliche Toleranz und Vielfalt geehrt.
Zu den Organisationen, die sich jährlich an dem deutsch-französisch-polnische Gemein-schaftspreis beteiligen, zählen SOS-Homophobie (Frankreich), Lambda-Warschau und KPH – Kampania Przeciw Homofobii (Polen) und MANEO (Deutschland). Gemeinsam engagieren sich die Organisationen gegen Ausgrenzung und Gewalt gegen LSBT* und für gesellschaftliche Vielfalt und Toleranz, sowohl in ihrem Land als auch in Europa. Sie kooperieren miteinander und unterstützen sich gegenseitig. Grundlage für dieses Bündnis ist die gemeinsam unterzeichnete „Tolerancja-Erklärung“. In Anerkennung von beispielhaften Leistungen wird der seit 2006 verliehene europäische Gemeinschaftspreis an herausragende Persönlichkeiten und Projekte vergeben. In diesem Jahr waren es die Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein (Deutschland), die Journalistin Ewa Siedlecka (Polen) und die von Yann Barthès moderierte täglich ausgestrahlte Fernsehsendung «Le Petit Journal» (Frankreich).

Deutschland

Maria Sabine Augstein

„Maria Sabine Augstein, geb. 1949, ist seit 1979 als Rechtsanwältin tätig. Sie hat bislang acht Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gewonnen. Fünfmal erklärte das Bundesver-fassungsgericht einzelne Vorschriften aus dem 1980 verabschiedeten Trans-sexuellengesetz (TSG) für verfassungswidrig; vier dieser Entscheidungen hatte sie erstritten. Auf ihre Verfas-sungsbeschwerde hin erklärte das Bundesverfassungsgericht im Juni 2012 die Benachteiligung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag für verfassungswidrig. Am 06.06.2013 hatte das Bundesverfassungsgericht über ihre 2006 eingereichte Verfassungsbeschwerde zur Gleichstellung im Einkommensteuerrecht zu entscheiden. Danach verstößt die Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Mit dieser Entscheidung sind homo- und heterosexuelle Ehepaare im Steuerrecht gleichgestellt. Die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting für Eheleute müssen bis zu einer neuen Regelung übergangsweise auf eingetragene Lebenspartnerschaften angewandt werden.
Maria Sabine Augstein wird von uns für ihr jahrelanges und herausragendes Engagement zur Gleichstellung und Gleichberechtigung von LSBT* in unserer Gesellschaft sowie für ge-sellschaftliche Akzeptanz und Vielfalt geehrt.“ – MANEO.
Gemeinsam mit ihrer Frau, der Malerin und Fotografin Inea Gukema-Augstein, lebt Maria Sabine Augstein in Tutzing. Sie ist das älteste Kind des deutschen Verlegers Rudolf Augstein und seiner ersten Ehefrau Lore Ostermann. Maria Sabine Augstein, die an der feierlichen Preisverleihung in Warschau nicht teilnehmen konnte, wird der Tolerantia-Award am 28. Oktober im Rahmen eines von MANEO organisierten Charity-Event in Berlin überreicht.

Polen

Ewa Siedlecka
„Ewa Siedlecka arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin für Polens größte Tageszeitung « Gazeta Wyborcza ». Sie ist Absolventin der Helsinki Foundation of Human Rights’ School of Human Rights und Trägerin des Journalistenpreises « Dariusz Fikus Award ».
In ihren von großer Sachlichkeit gekennzeichneten Artikeln und Kommentaren setzt sich Ewa Siedlecka mit einem breiten Spektrum von Menschen- und Tierrechtsthemen auseinander. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, LSBT*-Themen auf die wichtigsten Seiten der Print- sowie Onlineausgaben von Gazeta Wyborcza zu bringen. Mit ihren Veröffentlichungen stößt sie regelmäßig breite Diskussionen an. Im Rahmen ihrer Recherchen hat sie vielfach den Kontakt zu LSBT-Aktivist/innen gesucht, deren Meinungen sie stets ernst nimmt und Raum gibt.
Wir würdigen mit dem Tolerantia Preis 2013 Ewa Siedlecka’s mutige, ausgewogene, einfühl-same und sachliche Berichterstattung über den Alltag von LSBT*-Personen in Polen; ihr en-gagiertes Eintreten für LSBT*-Rechte in den polnischen Medien; und ihre Unterstützung für die Initiativen der LSBT*-Communities, die sich für gesellschaftliche Toleranz und Akzeptanz einsetzen.“ – Lambda Warszawa und Kampania Przeciw Homofobii.

Frankreich

Le Petit Journal
„In den Jahren 2012 und 2013 haben viele Fernsehsendungen den Gegnern der Gleichberechtigung von LSBT*-Personen die Gelegenheit gegeben, ihre Haltungen vor großem Publikum zu erläutern. Das muss eine demokratische Debatte auch aushalten. Leider haben Journalisten dabei zu selten darauf hingewiesen, dass die Gegner der «Mariage pur tous» auch wissentlich Fehlinformationen in Umlauf gebracht und Vorurteile gegen LSBT*-Personen geschürt haben.
Die von Yann Barthès moderierte täglich ausgestrahlte Fernsehsendung «Le Petit Journal» war da anders: in ihrer Berichterstattung hat die Sendung immer genau und sachlich nach den Inhalten und Konsequenzen des neuen Gesetzes zur gleichgeschlechtlichen Ehe gefragt. Dadurch konnte an vielen Stellen aufgezeigt werden, wie doppelzüngig die Rede vieler der (bekannten wie anonymen) Gegner war: einerseits forderten sie Toleranz ein, andererseits aber redeten sie Vorurteilen und Hass das Wort. Sie schufen damit eine feindselige Atmosphäre, in der es auch zu Hassgewalttaten gegen LSBT*-Personen gekommen ist.
Le Petit Journal hat mit seiner sachlichen Berichterstattung in diesem so bewegten vergan-genen Jahr einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die Aufmerksamkeit auf die Themen Gleichberechtigung und Homophobie in Frankreich zu lenken und die französische Öffent-lichkeit zu sensibilisieren.“ – SOS Homophobie.